Grünkohl gibt es überall in der Welt. Doch nirgendwo wird er so sehr zelebriert wie bei uns in Norddeutschland. Hier wird das Grünkohlessen gebührend mit einer Kohlfahrt gefeiert. Auch wir lieben unseren Grünkohl und hatten schon einige unvergessliche – und vergessene – Kohltouren.
Hier im Norden sind Kohlfahrten einfach Kult. Und das schon seit fast 150 Jahren!
Tradition der Kohlfahrt
Nach dem ersten Frost geht’s los mit der spaßigen Kohlfahrt! Vereine, Freunde oder Kollegen treffen sich für eine ausgiebige Wandertour übers Land. Entlang der Pattwege wird ordentlich getrunken und bei Spielen gewetteifert. Beides hält nämlich schön warm!
Das wohl beliebteste Spiel ist das „Boßeln“. Dabei werfen die Spieler zweier Teams jeweils eine Kugel auf die vorgegebene Strecke. Das Team gewinnt, dass für die Strecke (von meist 4-6 km) weniger Würfe benötigt hat. In vielen Orten gibt es sogar richtige Wettkämpfe! Auch in den Landkreisen Ammerland, Friesland und der Weser Marsch wird auf den Landwegen gezockt, was das Zeug hält. Sprich beim Boßeln wird eher keine ruhige Kugel geschoben.
Grünkohl schlemmen
Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss: Am Ende der Wanderung durchs Plattland wartet in einem Gasthof das ersehnte Festmahl. Serviert wird der Grünkohl mit Kartoffeln, Fleischvariationen und der traditionellen Pinkel. Das Brauchtum von Grünkohl mit Pinkel liefert eine solide, nahrhafte Grundlage, um nochmal ordentlich anzustoßen! Am Ende wählt man das neue „Kohlkönigspaar“ aus. Kohlkönigin und Kohlkönig müssen dann im kommenden Jahr die nächste Kohlfahrt organisieren – und meistens pro Gast einen trinken. Ist die Frage, was davon leichter wird.
Warum heißt die Wurst eigentlich Pinkel?
Vielleicht ist einigen das Trocknungsverfahren der Wurst geläufig. Dabei sticht man sie vorm Aufhängen leicht auf, sodass die Feuchtigkeit abtropft. Somit verliert sie Feuchtigkeit, indem sie abtropft bzw. anfängt zu „pinkeln“.
Damals bezeichnete Pinkel (oder auch Püngel, Pünkel) vielmehr eine zusammengedrängte Masse, was für eine Wurst ja Sinn macht. Eine andere Deutung ist der „Pinker“ für den Mastdarm, der als Wursthülle dient. Heutzutage gibt es Wurstpellen aus essbaren Kunstdärmen, bestehend aus Kollagen. Doch traditionell wird die Wurst bis heute mit tierischen Dünndärmen zubereitet.
Na, ob die Wurst jetzt noch was für feine Pinkel ist?
Kohl ist Kult
Grünkohl ist besonders in Oldenburg Kult, denn die Stadt gilt seit 2010 als die Kohltourhauptstadt der Nation! Die geselligen Kohlfahrten haben sich übrigens zum richtigen Trend entwickelt. Mittlerweile gibt es eine richtige Tourismusbranche, die für Kohltouren wirbt. In „Grünkohlshops“ gibt es Zubehör & Spiele zu kaufen und sogar Bollerwagen zu mieten. Damit dieser Brauch und die Tradition erhalten bleiben kann man sogar an der NWZ Grünkohlakademie einen „Master of Grünkohl“ absolvieren. Verrückt oder legitim?
Grünkohl: Das regionale „Superfood“
Grünkohl ist ein richtiges Superfood voller Vitamine, Antioxidantien und Mineralien! Der Vorläufer des heutigen Grünkohls wurde bereits Jahrtausende zuvor, im alten Ägypten, als Heilpflanze genutzt. Doch eine wichtigere Eigenschaft des Kohls ist die nachgesagte, heilende Wirkung, die einem Schluckspecht den „Kater“ am nächsten Tag ersparen soll. Wir haben’s selbst ausprobiert und tatsächlich hat uns nicht der Placebo-Effekt, sondern die Riesenportion Grünkohl das Leid erspart.
Dazu ist das grüne Wintergemüse eine bombastische, basische Eisen- und Proteinquelle! Also kann man sich getrost das Geld für gut vermarktete Superfoods aus Südamerika sparen und lieber regionale, nährstoffreiche Lebensmittel kaufen.
Schreib uns gern einen Kommentar, was dir am meisten an dem Braucht der Kohlfahrt gefällt!